Papier ist geduldig
Was bedeuten aber „Papiere“ für einen Hund und wo sind die Unterschiede?
Erst einmal ist das „Papier“, die sogenannte Ahnentafel, die Geburtsurkunde für einen Hund, der in einem Zuchtbuch eingetragen wurde.
Anhand dieser Ahnentafel kann man die Abstammung seines Hundes ersehen, also die Eltern, Groß – und Urgroßeltern.
In Deutschland gibt es eine ganze Reihe von Zuchtvereinen, manche sind in Dachverbänden organisiert, andere nicht. Einige dieser Vereine erkennen sich gegenseitig nicht an, das heißt, diese Vereine erkennen die Ahnentafeln anderer Vereine nicht an und Hunde dieser Vereine werden auf deren Ausstellungen oder anderen Veranstaltungen nicht zugelassen.
Ein neuer Interessent kann das alles gar nicht überblicken und verstehen und ist auf Informationen angewiesen, was aber die Sache auch nicht einfacher macht. Weltweit der größte Dachverband ist die FCI. Hier sind die jeweiligen Dachverbände der
Mitgliedsländer angeschlossen oder werden anerkannt, wobei die FCI in jedem Land nur eine Dachorganisation zulässt. In USA z.B. der AKC (anerkannt) in Deutschland ist diese Dachorganisation der VDH (ordentliches Mitglied).
Beim VDH können spezielle Rassehundezuchtvereine einen Antrag auf Mitgliedschaft stellen und sich den Rahmenbedingungen des Verbands unterwerfen.
Im Fall des Siberian Husky sind das der DCNH und der SHC. Während in fast allen FCI angeschlossenen Ländern der Züchter die Ahnentafeln seiner Welpen über die Dachorganisation seines Landes bekommt und die Spezial Rassehundevereine für Ausstellungen usw. zuständig sind, hat der VDH in Deutschland das System praktisch „umgedreht“.
Beispiel: Wenn in USA ein Hundebesitzer die Welpen seiner im AKC eingetragenen Eltertiere ins Zuchtbuch des AKC eintragen lassen möchte, dann kann er das tun, per Post oder auch online. Zuchtzulassungen, Wurfabnahmen usw gibt es nicht. Der Hundebesitzer muss auch keinen eingetragenen Zwingernamen haben, er füllt einfach die entsprechenden Formulare
aus , schickt sie direkt an den AKC, bezahlt und bekommt die „Papiere“ für seine Welpen. Denn es handelt sich eben „nur“ um eine Geburtsurkunde, nicht mehr und nicht weniger. Auch wird durch so ein System ausgeschlossen, das es eine „Nasenpolitik“ gibt. Sind die eingereichten Unterlagen in Ordnung, werden die Papiere ausgestellt, unabhängig von der Person, der Züchter der Welpen ist.
Wird so ein Hund in Deutschland eingeführt, wird er ohne Probleme im VDH anerkannt. In Deutschland ist der VDH mittlerweile eine „Service GmbH“. Er hat die Rahmenbedingungen für die einzelnen Spezialzuchtvereine erstellt, die mindestens eingehalten werden müssen. Aber er stellt den Vereinen auch frei, Verordnungen zu erlassen, die über diese Bedingungen hinaus gehen. Aber nicht nur das: Vielmehr hat der VDH den jeweiligen Spezialzuchtvereinen die volle Entscheidungsgewalt über die Zucht und Eintragung der Welpen überlassen. Große Ausstellungen werden noch vom VDH organisiert, wobei auch hier die Spezialvereine die Sonderschauen angliedern, also die eigentliche Arbeit machen. Seminare und Workshops werden vom VDH gemacht. Die VDH angeschlossenen Vereine zahlen für jedes Mitglied an den VDH, genauso für Ausstellungen usw. Eigentlich ein geniales System: Alles, was Arbeit macht, wird von den Spezialvereinen erledigt, alles , was Geld einbringt, vom VDH. Der Züchter im VDH kann nun die Papiere seiner Welpen nicht über den VDH direkt bekommen. Wenn es einen Verein im VDH gibt, der die von ihm gezüchtete Rasse betreut, muss er die Papiere über diesen Verein beantragen. Gibt es mehr als einen betreuenden Verein, muss er sich entscheiden, in welchem der Vereine er seine Welpen eintragen lassen will und sich den Statuten des Vereins unterwerfen.
Ein solcher Verein besteht aus einem Vorstand, einem erweiterten Vorstand und seinen Mitgliedern. Der Vorstand besteht aus z.B. 5 bis 7 Personen, die keine besondere Qualifikation für das jeweilige Amt haben müssen, sondern auf Versammlungen gewählt werden. Oft steht nicht mehr als 1 Anwärter zur Verfügung und es wird gewählt, wer gerade mal „Hier“ schreit. Der Nachteil für den Züchter ist nicht von der Hand zu weisen: Es liegt in der Natur des Menschen, das, wer Macht hat, diese auch ausübt. Und da Vorstandsmitglieder nicht selten auch Züchter sind, ist natürlich die Versuchung groß, unliebsamer Konkurrenz das (Zucht) Leben so schwer wie möglich zu machen. Nicht selten entscheiden solche Vorstandsmitglieder über „Sein oder Nichtsein“ anderer Züchter. Und da die Vorstände in gewissen Abständen neu gewählt werden, kann es einem Züchter, der mit dem altem Vorstand gut ausgekommen ist, sogar passieren, das er genau deswegen dem neuen Vorstand ein Dorn im Auge ist. Und schaut man sich etwas im Internet um, hat man manchmal den Eindruck, das, wenn man in so einem Verein züchten will, man sich erstmal nach einem gutem Anwalt umschaut, denn den wird man zwangläufig brauchen.
Es gibt immer mehr Menschen, die sich lieber mit ihren Hunden als mit Anwälten beschäftigen und die einfach nicht bereit sind, diese „Nasenpolitik“ mitzumachen. Und da es genug andere Vereine gibt, die ihre Zeit und das Geld ihrer Mitglieder nicht für die Streitigkeiten der Menschen untereinander verplempern, sondern einfach ihrer Aufgabe nachgehen, nämlich das Zuchtbuch zu führen und die entsprechenden Ahnentafeln auszustellen, haben diese Vereine immer mehr Zulauf. Der VDH erkennt allerdings die Ahnentafeln der Hunde aus diesen Vereinen nicht an. Auf seinen „Hauseigenen“ Ausstellungen und anderen Veranstaltungen dürfen Hunde aus diesen Vereinen nicht teilnehmen und werden sogar als „nicht Reinrassig“ bezeichnet. Damit sichert er sich natürlich auch, dass ein Interessent, der später vielleicht mal in einem VDH Verein züchten will, darauf angewiesen ist, bei deren Züchtern zu kaufen, was wahrscheinlich durchaus seine Legitimation hat…..
Oft liest man z.B. auf HP ́s: Achten Sie auf Papiere vom Verein „XY“, nur dann können Sie sicher sein, einen Hund aus seriöser und gesunder Zucht er erhalten. Nur mit Hunden aus dem Verein „XY“ können Sie an entsprechenden Veranstaltungen
teilnehmen.
Das ist natürlich völliger Unsinn. Auch in anderen Vereinen müssen Elterntiere auf bestimmte Krankheiten hin untersucht werden und nur gesunde Tiere dürfen in der Zucht eingesetzt werden. Und es gibt mittlerweile Flächendeckend eine Masse an Veranstaltungen und auch Ausstellungen, wo man Hunde mit Papieren aus allen Vereinen anmelden kann.
Und nicht selten haben Züchter es bitter nötig, ihre züchterische Inkompetenz hinter einem Logo zu verstecken.
Vor allem ist doch seltsam, dass z.B. bei der Rasse Siberian Husky, die Züchter, die mit solchen Sätzen Werbung machen und am lautesten nach dieser „Kontrolle“ schreien, nicht selten Hunde z.B aus den USA importieren oder darauf hinweisen, dass ihre Zuchthunde amerikanischer Abstammung sind, wo es doch in diesem Land gar keine Kontrolle gibt. Noch
seltsamer, dass wirklich die besseren Hunde oftmals eben nicht aus Deutschland stammen.
Mag sich jeder seine eigene Meinung darüber bilden und für sich entscheiden, was ihm wichtig ist: Einen Hund, der zu einem passt und der aus guter Zucht stammt, oder vorrangig das Papier.
Wie auch immer, – welche Papiere ein Hund nun hat, sagt absolut nichts über die Qualität des Hundes aus, sondern lediglich, in welchem Verein der Züchter Mitglied ist und wo er seine Welpen eintragen lässt.
Gute und schlechte Züchter wird es in allen Vereinen geben.